Nachdem wir Lhasa während zweieinhalb Tagen erkundet haben war es nun an der Zeit weiter zu gehen. Ziel von diesem Tag war eine kleine Stadt namens Gyantse. Den Weg dorthin legten wir mit einem Kleinbus zurück. Zuerst geht es gemächlich und ziemlich flach Stromaufwärts an einem Fluss entlang, dem Yarlung Tsangpo wie uns Pema erklärt. Pema hat uns dann noch gesagt, dass dieser Fluss weiter nach Indien fliesst, und ich bin dann ein wenig recherchieren gegangen. Tatsächlich, dieser gemächliche Fluss ist der Oberlauf von einem der grössten und wichtigsten Flüssen Asiens. Den tibetischen Namen Yarlung Tsangpo haben viele vielleicht noch nie gehört (ich auch nicht), aber den indischen Namen vermutlich schon: Brahmaputra
Der Weg führt nun Richtung Süden, und nun geht es hoch auf den 4800 m hohen Kamba La Pass. Die Aussicht von dort oben ist atemberaubend. Vor uns liegt der für die Tibeter heilige Yamdrok See. Die Farbe auf den Fotos ist nicht übertrieben. Der Name des Sees bedeutet „grüner Jadesee“. Der See liegt auf 4400 Meter Höhe und hat eine Form fast wie ein Skorpion, sehr weit verzweigt. Sehen können wir natürlich nur einen Teil. Überall sind Gebetsfahnen zu sehen, und im Hintergrund sieht man schneebedeckte Berge. Wir fahren die Passstrasse runter zum See, und stoppen direkt am See um noch einmal ein paar Bilder zu machen.
Weiter geht es nach Nagartse, wo wir Mittagspause machen. Während ich diese Fahrt wirklich geniesse, hat meine Nase weniger Freude an der trockenen Luft. Immer wieder beginnt sie zu bluten. Caroline, eine Ärztin aus England die mit mir in der Gruppe war konnte mir zum Glück ein paar Tipps geben wie ich das in den Griff kriege. Das Bluten hat dann zum Glück aufgehört. Der Weg ging nun weiter, über einen weiteren Pass, den Kharo La Pass mit einer Höhe von 5035 m. Von dort konnten wir den Kharo La Gletscher bestaunen. Für mich aus der Schweiz ein gewohntes Bild, aber doch immer wieder eindrücklich.
Gyantse ist eine kleine Stadt auf 3970 m. Höhe. Nach und nach gewöhnen wir uns auch an solche Höhen, es geht erstaunlich gut! Dort angekommen haben wir uns dann im Hotel eingenistet, und dann hat uns Pema mitgenommen, Gyantse zu erkunden. Gyantse hat auch eine grosse historische Bedeutung. Als die Briten 1903 und 1904 Tibet in Beschlag nehmen wollten (wo waren die Briten eigentlich nicht???), hat die tibetische Armee in Gyantse erfolgreichen Widerstand geleistet. Dass der Ort geografisch bedeutend gelegen ist erkennt man auch an der Burg, welche auf einem Felsen neben der Stadt thront. Pema führt uns in kleine Gassen, und erklärt uns die Bauweise der Häuser. Insbesondere das Heizungs- und Toilettensystem ist sehr interessant: Geheizt wird mit getrockneten Kuhfladen. Diese sieht man auch überall aufgeschichtet zum trocknen und lagern. Auf den ersten Blick unappetitlich, aber riechen tut man absolut nichts. Die Asche wird dann zur Neutralisation der Gerüche des Klos für die Menschen gebraucht. Und dieser nährstoffreiche Mix wird dann als Dünger aufs Feld gebracht. Mag archaisch aussehen, aber ist im Grunde wirklich genial. Simpel, umweltschonend und effizient.
Von der Bevölkerung erhält man auch immer wider ein freundliches „Tashi delek“ („Guten Tag“ in Tibetisch), und die Kinder winken und rufen fröhlich „Hello, hello“. Es leben wirklich herzliche Menschen hier.
Weiter geht es an einen Ort, wo Touristen (wovon es glücklicherweise eh nicht viele hat) normalerweise nie hin finden würden. Vorbei an Häuser und Ställen und über eine steile Geröllhalde gehen wir hinauf auf einen Felsen, wo wir eine fantastische Aussicht über Gyantse und das ganze Tal haben. Dort ist mir eine Panorama Aufnahme gelungen, die mir wirklich gefällt. Es widerspiegelt ziemlich genau wie ich Tibet erlebt habe. Die typisch tibetischen Häuser, die Gebetsfahnen auf dem Dach, die Felder, die karge Landschaft, die Berge, das Kloster (ganz rechts) und das Wetter. Ich habe das Bild in der vollen Auflösung hochgeladen, wenn man auf das Bild klickt sollte das Bild mit voller Auflösung geladen werden.
Am nächsten morgen haben wir uns aufgemacht, das Pelkor Chode Kloster in Gyantse zu besuchen. Wir haben einige Klöster besucht, aber ich denke das war das interessanteste von allen. Schon bei der Ankunft haben wir viele Leute der lokalen Bevölkerung gesehen, welche sich ein wenig Weihwasser von einem Mönch ergattern wollten. Wir konnten die Leute dann auch während der Kora, dem Pilgern rund um eine Stupa oder um den ganzen Klosterkomplex, beobachten. In der Versammlungshalle waren einige Mönche damit beschäftigt, Mandalas zu fabrizieren. Echte Kunstwerke, welche dann schliesslich in einem Schlag zerstört werden, was Vergänglichkeit symbolisieren soll. Gegen eine Gebühr haben uns die Mönche auch erlaubt, in der Versammlungshalle Fotos zu machen.
Ebenfalls betrachten und fotografieren durften wir die Buddha Statue wie sie in allen Klöstern zu finden ist. Interessant sind insbesondere die Türme im Vordergrund, die sind nämlich aus Yakmilch Butter gefertigt und bemalen. Gleich wie die Mandalas auch vergängliche Kunst. Yakmilch Butter wird übrigens auch für die Kerzen verwendet, nicht Wachs. Weil der Bedarf von Yakmilch Butter entsprechend gross ist wird dieser häufig auch von der Bevölkerung gespendet.
Weiter hat das Kloster auch eine ganz interessante Stupa zu bieten – die grösste in Tibet. Sie hat 4 Stockwerke und es gibt 108 kleine Kapellen darin mit unzähligen Figuren und Wandbildern. Und dazu kommt noch die super Aussicht über das Kloster und Gyantse.
Bevor wir uns wieder in den Bus gesetzt haben gab es noch ein ganz spezielles Erlebnis: Pema hat uns ein Mittagessen bei einer Familie zuhause organisiert. So konnten wir mal einen authentischen Blick in ein tibetisches Haus werfen und die authentisch tibetisches Essen versuchen, was wirklich lecker war.
Schreibe einen Kommentar